Der Giro- und Abrechnungsverkehr.
Der Giroverkehr hat nun zur Voraussetzung, daß der Konteninhaber jederzeitdurch baare Abhebung über sein Guthaben verfügen kann. Die Girogelder sind deshalbtäglich fällige Verbindlichkeiten und bankpolitisch ähnlich zu behandeln wie die Banknoten.Schon in Folge dieser Gleichartigkeit eignet sich die Pflege des Girogeschäfts inbesonderem Maße für Notenbanken. Die Vortheile der Kombination von Noten-ausgabe und Giroverkehr treten besonders darin in die Erscheinung, daß das den Noten-banken im Wege des Giroverkehrs zufließende Baargeld ihren ungedeckten Notenumlaufverringert.
Die Reichsbank wurde bei ihrer Begründung durch verschiedene Umstände auf eineintensive Pflege des Girogeschäfts hingewiesen. Das Bankgesctz schreibt ihr die Aufgabezu, »die Zahlungsausgleichungen zu erleichtern und für die Nutzbarmachung verfügbarenKapitals zu sorgen«, und dieser Ausgabe konnte sie nicht besser genügen, als indem sieim Wege des Giroverkehrs die Baargeldzahlungen in großein Umfange durch Buchüber-tragungen ersetzte nnd die müßigen Kafsenvorräthc der einzelnen Geschäfte zu eineingroßen produktiv verwerthbaren Fonds von Giroguthaben ansammelte. Nach derselbenRichtung wurde sie mit beinahe zwingender Kraft geleitet durch den Umstand, daß ihrdie der Preußischen Bank überlassenen gerichtlichen Depositengelder entzogen wurden unddaß gleichzeitig durch das System der Notensteuer die bisher unbegrenzte Notenausgabewenigstens indirekt eine Beschränkung erfuhr. Für die dadurch hervorgerufene Verminderungihrer Betriebsmittel mußte Ersatz geschaffen werden. In dem verzinslichen Depositen-geschäft konnte ein Ersatz nicht gesucht werden. Alle Fachleute stimmen darin überein,daß sich verzinsliche Depositen für eine Notenbank uicht eiguen, und deshalb hatte dasBankgesetz § 13 Abs. 7 den Betrag der verzinslichen Depositen auf die Höhe des Grund-kapitals und Reservefonds der Bank beschränkt. So wies alles hin auf die Pflegedes Giroverkehrs, namentlich der Umstand, daß auch die durch den Giroverkehrzugeführten Baarbeftände als Notendeckung im Sinne des Bankgesetzes anzusehen sind,und daß in Folge dessen jede Erweiterung des Giroverkehrs die für die Notenansgabegezogene Grenze weiter hinausrncken mußte.
Die Neichsbank sah sich, als sie am 1. Januar 1876 ins Leben trat, vor dieNothwendigkeit gestellt, auf dem Gebiete des Giroverkehrs etwas völlig Neues zn schaffen/denn der Giroverkehr ihrer Vorgängerin, der Preußischen Bank , war nahezu bedeu-tungslos.
Die Leistungen der Preußischen Bank im Giroverkehr gingen über die Vortheile,welche auch die privaten Institute in diesem.Geschäftszweige zu bieten vermochten, nichthinaus. Ihr Giroverkehr beschränkte sich überdies hauptsächlich auf Berlin / außerhalbBerlins bestand 1875 nur noch die unbedeutende Giroanstalt in Danzig .