Der Lombardverkehr.
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ist theurer als ihr Wechselkredit und als der Kredit zahlreicher privater Finanzinstitute,die der Reichsbank in diesen Gebieten, die zugleich der Sitz des Kapitalreichthums sind,erfolgreiche Konkurrenz bereiten. Der Lombardkredit der Reichsbank wird daher dortweniger in Anspruch genommen, als in den auch heute noch mit bedeutenderen privatenKreditinstituten schwächer ausgestatteten östlichen Provinzen, die außerdem von jeher mithöheren Zinsen zu rechnen gewöhnt sind. Die Verschiedenheit der einzelnen Wirthschafts,gebiete hinsichtlich des Lombardverkehrs erklärt sich serner geschichtlich durch die jahr-zehntelange Thätigkeit der Preußischen Bank , die lange Zeit für große Landestheile dieeinzige größere Kreditquelle bildete und dort unter günstigeren Bedingungen als denheutigen die Inanspruchnahme des Bankkredits in Form des Lombarddarlehns ein-bürgerte und gebräuchlich machte. Damals kam überhaupt dem Lombardgeschäft einehöhere Bedeutung zu als heutzutage/ hat doch z. B. Ende der vierziger Jahre dieLombardanlage die Portefeuillebestände lange Zeit hindurch erheblich überragt.
Die Reichsbank konnte daher mit ihrem Lombardverkchr nicht bei allen Bank-anstalten den gleichen Erfolg haben, selbst wenn die wirthschaftlichen Verhältnisse überalldie gleichen gewesen wären. Jedoch erzielt sie mit der Einbürgerung desselben in denanßerpreußischen Bundesstaaten stetige Fortschritte. Der Antheil der dort ertheiltenDarlehne an der gestimmten Darlehnsgewährung hat sich seit dem Jahre 1876 von4,4 Prozent auf 20,9 Prozent gehoben, in Preußen ist er entsprechend zurückgegangen/während die Lombardumsätze sich hier verdreifacht haben, sind sie dort um mehr als dasSechszehnfache gewachsen. Bayern allein macht aus dem bereits erwähnten Grundeeine Ausnahme.
Nach den einzelnen Wirthschaftsgebieten ist auch die Zusammensetzung der Unter-pfänder recht verschieden (vergl. Tab. 60). Der Antheil der verpfändeten deutschen Neichs-und Staatsanleihen am gesammten Unterpfandsbestande der Bank, der am 7. September 1900sich auf 63,0 Prozent belief, wird immer geringer, je weiter man sich von den Sitzen desKapitalreichthums und der Industrie im Westen und Süden Deutschlands entfernt. Inmanchen Bankbezirken übersteigt er den Satz von 80 Prozent beträchtlich, z. B. inCöln, Essen, Hamburg, Frankfurt a. M, Mannheim, dagegen sinkt er in Elbing bisauf 20,8 Prozent herab, während dortselbst die landschaftlichen Pfandbriefe den hohenProzentsatz von 65,4 Prozent erreichen, die umgekehrt im Westen und Süden fast garnicht vertreten sind. Aehnlich verhält es sich mit dem Antheil der gegen Verpfändungdieser Werthpapiere ertheilten Darlehne am gesammten Darlehnsbestande der Bank.
Auf die Provinzen Ost- und Westprenßen, Pommern, Posen, Brandenburg ,Schlesien, Lübeck, Mecklenburg und Schleswig-Holstein kommen allein 92,8 Prozentaller bei der Bank verpfändeten landschaftlichen Pfandbriefe. Das ostelbische Deutschland
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