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Die Diskontpolitik,
Zwiespältigkeit derdie Diskontpolitikbeeinflussenden Fak-toren und sprung-hafte Entwicklungdes Diskontsatzes.
Die Bank hat also in den ersten vier Iahren nach der Aufnahme der Gold-zahlungen 694,z Millionen Mark Gold abgegeben. Davon dürften nach vorsichtigenSchätzungen etwa 130 Millionen Mark nach dem Ausland abgeflossen sein, währendder ganze große Nest von ca. 565 Millionen Mark vom inländischen Verkehr absorbirtworden ist, der gleichzeitig für 734,? Millionen Mark Silbergeld an die Bank abgab.Da die Silberverkäufe von der Lage des Silbermarkts abhängig waren nnd nicht nachBelieben forcirt werden konnten, ohne die Aufnahmefähigkeit des Marktes gänzlich zuerschüttern, blieb der Verkauf von Silber gegen Gold erheblich hinter dem vom deutschenVerkehr bei den Kassen der Reichsbank bewirkten Austausch von Silber gegen Goldzurück. So kam es, daß, während sich von 1875 bis 1878 die durchschnittlicheMetalldeckung des Notenumlaufs der Reichsbank von 72'^ Prozent auf 79^ Prozenthob, die durchschnittliche Golddeckung eine Verminderung von 60^ auf 33 ^/z Pro-zent erfuhr (vergl. Tab. 24).
Die Leitung der Reichsbank war durch diese Verhältnisse vor ein schwierigesDilemma gestellt: Die Abnahme der nutzbringenden Anlage, die Besserung der metal-lischen Notcndeckung, die Verminderung des ungedeckten Notenumlaufs drängten aufeiuc Herabsetzung des Diskont- und Lombardzinsfußes. Andererseits war sür die Bankihr Baarvorrath im ganzen Umfange nur so weit brauchbar, als er aus Gold bestand,namentlich weitn es sich um einen Geldbedarf für das Ausland handelte. Der sichimmer ungünstiger entwickelnde Stand der Goldreserve mußte deshalb in einzelnen Fällen,vor Allem bei einer ungünstigen Gestaltung der ausländischen Wechselkurse, die Bankzu schärfereu Gegenmaßregeln veranlassen, als es unter normalen Währungsverhältnissenin Anbetracht der an sich überaus liquiden Lage der Bank erforderlich gewesen wäre.Andererseits wurde die Wirksamkeit starker Diskonterhöhungen dadurch beeinträchtigt,daß der offene Markt, der nicht — wie die Reichsbank — zwischen Gold und Silberäugstlich zu unterscheiden hatte, in Anbetracht des starken Angebots von flüssigen Mittelnsich durch die Diskoutfestsetzungen der Reichsbank oft nur in geringem Maße beeinflussenließ. Während der Jahre, um die es sich hier handelt, stand der Marktdiskont inBerlin durchschnittlich um 1 Prozent und etwas mehr unter dem Banksatz/ zeitweiseüberschritt die Differenz den Betrag von 2 Prozent. Unter solchen Umständen war dieLeitung der Neichsbank genöthigt, ihren Diskontsatz, sobald der zwingende Anlaß füreine Erhöhung vorüber war, wieder mit dem Marktdiskont in eine nähere Ueberein-stimmung zu bringen.
Daraus erklärt sich die etwas sprunghafte Entwickelung des offiziellen Diskontsatzesin jenen Iahren (vergl. Tab. 63), die große Zahl der Diskontveränderungen und die That-sache, daß z. B. das Jahr 1876, welches in seinen ersten Tagen einen Diskont von 6 Pro-