Die Diskontpolitik.
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Im Gegensatz zu der Bewegung des Baarbcstandes erfuhr die Notenausgabe einebeträchtliche Steigeruug(vergl.Tab.17.) Dieselbe hatte schon im Jahre 1886 begonnen/ von727 Millionen Mark im Durchschnitt des Jahres 1885 stieg der durchschnittliche Noten-Umlauf der Neichsbank auf 987 Millionen Mark im Jahre 1889, 1890 stellte er sich auf984 Millionen Mark. Bis zum Jahre 1888 war diese Steigerung durch die Ver-mehrung der Baarbestände nicht nur ausgeglichen, sondern sogar beträchtlich überboten worden,in der Weise, daß der größere Theil dieses Jahres eine starke Notenüberdeckung aufwies(vergl, Tab. 2t, 22). Auch das Jahr 1889 brachte iu seiner ersten Hälfte noch 16 Mal eineNotenüberdeckung, in seiner zweiten Hälfte dagegen bereits drei Kontingentsüberschrcitungen,die stärkste mit 109^ Millionen Mark am Jahresschluß. Das Jahr 1890 wieskeine Notenüberdeckung mehr auf, wohl aber sechs Kontingentsüberschreitungen. Der durch-schnittliche ungedeckte Notenumlauf, der 1888 ganz verschwunden war, betrug 1889wieder 86 Millionen, 1890 152 Millionen Mark.
Der starken Inanspruchnahme ihrer Mittel mußte die Bank durch häufige und scharfe Die Bewegung derDiskonterhöhuugeu entgegenwirken (vergl. Tab. 67, 66). Ihr durchschnittlicher Diskvntsatz, Diskontsäheder 1888 nur 3,32 Prozent betrug, stellte sich in den beiden folgenden Iahren auf 3,6« Prozentund 4,52 Prozent. Ihre Diskontirungen zum Privatsatze mußte sie vom September 1889an häufig suspendiren. Die durchschnittliche Rentabilität ihrer Wechselanlage stieg inden drei Iahren 1888 bis 1890 von 2,?8 Prozent auf 3,is Prozent und 4,zs Prozent.
Entsprechend den großen Schwankungen der Anlage und des ungedeckten Notenumlaufserfuhr der Diskontsatz im Einzelnen zahlreiche Verändcruugen (vergl. Tab. 63, 66). ImJahre 1888 hielt die Reichsbank bis zur Mitte des September an dem offiziellen Satz von3 Prozent fest und sie ging mit ihrem Privatsatz häufig bis zu 2 Prozent herab. Der Gold-abflnß nach Argentinien nöthigte dann zu Erhöhungeil auf 4 Prozent und im Dezemberauf 4^2 Prozent. Als nach dem Jahreswechsel ein starker Rückfluß eiutrat und aufdem offenen Markt die frühere Geldflüssigkeit wiederkehrte, wurde der offizielle Diskont-satz am 4. Februar 1889 wieder auf 3 Prozent ermäßigt/ der Privatsatz der Neichs-bank war bis zum Juli gleichfalls wieder häufig nur 2 Prozent. Die Anlage derReichsbank erfuhr jedoch in jener Zeit in Folge des wachsenden inneren Geldbedarfseine solche Steigerung, daß sie Ende August die gleichzeitige Anlage des Vorjahrs um200 Millionen Mark überstieg, bei einem um 100 Millionen Mark geringeren Baar-vorrath. Anfang September erfolgte deshalb eine Diskonterhöhung aus 4 Prozent,und als der letzte Septemberausweis abermals eine Verschärfung der Anspannung undeine Kontingentsüberschreitung von 72 Millionen Mark auswies, erfolgte eine weitereErhöhung auf 5 Prozent. Die Diskontirnngen zum Privatsatze wurden eingestellt.Die ungewöhnliche Anspannung dauerte während des letzten Quartals fort, ja sie er-