Autograph 
[Manuskriptkonvolut]
Entstehung
Seite
219
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wirkt. Für Luther, der weithin deutsches Denken geprägt hat, steht dieWelt bis zum Kommen des Herrn unter der Sünde; die Sünde wächst sich aus;es ist vergeblich das widergöttliche Weltgeschehen^ bessern zu wollen; dieWelt ist der ^Obrigkeit" zu überlassen. Demgegenüber wenden sich die Sek=ten gegen die Entgottung der Welt durch Luther. Die Welt, schlecht wie sieist, ist besserungsfähig, ausgehend von der Gemeinde, die das Gottesreichvorwegnimmt. Der Glaube an das Gute im Renschen trug die aufsteigende De =mokratie emporsieht im Sozialismus unserer Tage als Menschenwürde undMenschenrecht.

Die Freiheit als metaphysisches Gut führt zur Forderung der Ge=Wissensfreiheit ,welche das Täufertum in werdende Neuzeit einbrachte. Ge=Wissensfreiheit mündet folgerichtig in der Trennung des Staates von derKirche , so zuerst in Rhode Jsland, sodann in Pennsylvania  . Die Trennungvon Staat und Kirche kam auf Veranlassung der virginischen Baptisten indie amerikanische Bundesverfassung. Diese Trennung entsprang nicht gelehrtter Skepsis, sondern der Heiligkeit des religiösen Gebietes. "Glauben istnicht zu verwalten", am wenigsten vom Staat, der als Zwangsstaat von die :ser Welt ist.

Die Gewissensfreiheit hatte noch eine tiefere Wurzel in einer neuenAuffassung von der Wahrheit . Die Offenbarung ist kein fertiger Besitz.

"Alle Wahrheit ist der Schatten einer höheren Wahrheit." Sie entfaltetsich; sie schreitet fort. Das Pfingstwunder ist nicht tot. Die verschie=denen Menschen, wie die verschiedenen Kirchen verwalten verschiedene Ga=ben, durch welche sie dach ihrer besonderen Berufung Gott die*=

nen.Deswegen haben schon die deutschen Täufer   die Aufstellung von Be=kenntnisschriften gescheut. John Smyth erklärte: "durch unsere Verschie=denheiten wird die Wahrheit aufgeklärt werden." Einförmigkeit ist Erstar=rung, ist Tod. In seinem Büchlein "Früchte der Einsamkeit" Sagt William Penn:   alle aufrichtigen Sucher seien im Grunde einer Religion; sie wereden sich als Kinder eines Vaters zu=