- 225 -
(Quäker) regiert. Die Versammlung wird mit einem schweigenden Gebet wr=
öffnet, wobei jedes "Mitglied"(member) sich in die"heilige Gemeinschaft"
versenkt und sein inneres Ohr dem Wehen des Geistes eröffnet. Sodann
erfolgt die Diskussion, wobei die Führerpersönlichkeiten reichlich Ge=
legenheit haben, Einfluss zu üben. Dies um so mehr, als die Anwesenden
nicht erscheinen, um vorgefasste Meinungen durchzusetz/en, sondern um
zu einer neuen und womöglich einheitlichen Meinung zu gelangen - denn
alle Wahrheit ist eine . Bei völliger Redefreiheit sind die Mitglieder
aus dem "schweigenden Gottesdienst" an scharfe Selbstbeschränkung ge=
wöhnt. Sodann erklärt der Vorsitzende, in bescheidener Weise "Schreiber"b
genannt, nach seinem"Empfinden" sei dieses oder jenes die Meinung derVersammlung, die er, falls kein Widerspruch erfolgt, zu Papier bringt.Erfolgt ein Widerspruch, so wird eine kürzere oder längere Pause desSchweigens eingeschoben, in der die Versammlung um die Erkenntnis desGotteswillens ringt. Darauf erfolgt abermalige Diskussion ,bis ein Ge=samtwille sich durchgesetzt hat. Ist dies nicht der Fall, sondern bleibtein sachgemässer Widerspruch übrig, so geht die Versammlung ergebnislosauseinander. Denn die Quäker scheuen sich, eine Minderheit durch dieMehrheit zu vergewaltigen, während Schwätzer und Eigenbrötler vertrau^lieh verwarnt und im Notfalle aus der Gesellschaft ausgeschieden wer=den - nicht ohne duldende Liebe gegenüber menschlichen Entgleisungenund Eigenheiten. Das Gefühl der Brüderlichkeit durch Gotteskindschaftbindet die "Freunde" zusammen und befähigt sie, zum Gemeinschaftswillendurchzudringen.
In abgeschwächter Form, aber nach denselben Grundsätzen werdensämtliche Freikirchen regiect. Auf dem Boden Europas sind die " Kirchen "autoritative Anstalten, welche Gläubige und Ungläubige betreuen und die