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Die Reichsbank : 1876-1900
Entstehung
Seite
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Der Ankauf und die Einziehuug von Wechseln und Wertpapieren,

Aufhebung einerveralteten strengenVorschrift,

Schutzmaßregelngegen Fälschungnnd Mißbrauch vonDomizilwechseln,

von Frankreich bereits seit Jahrzehnten erreicht hatte, nämlich den Gesammtverkehrin kurzen Wechseln bei sich zu konzentriren/ und zwar nicht nur, weil sie dadurch eiuenvollen Ueberblick über den Geschäftsverkehr erlangt, sondern hauptsächlich, weil kurzeWechsel die liquideste und folglich für eine große Zettelbank die geeignetste Zinsanlage bilden.

Neben diesen Erwägungen war bei der Herabsetzung des Minimalsatzes für Wechselvon 100 Mark und darunter für die Neichsbank ein sozialpolitischer Gesichtspunktmaßgebend, Sie beabsichtigte nämlich durch jene Bestimmung, den Verkehr in kleinenWechseln nach Kräften zu erleichtern, um dadurch dem deutschen Kleinhandel die Anwendungkurzfristiger Wechsel zur Schuldregulirung an Stelle des allgemein gebräuchlichen Borg-systems, der Regulirung durch Buchschulden, nahe zu legen. Zugleich schuf diese Er-mäßigung für die kleineren Wechsel eine Inkassogelegenheit, die weit vortheilhafter ist,als die Einziehung durch Postauftrag. Denn nicht nur stellt sich die letztere erheblichtheurer, sie ist auch mit einem kleinen Zinsverlust verbunden, da die Post erst nachEingang des Wechsels, die Reichsbank aber schon früher, sofort bei der Diskontirungden Gegenwerth auszahlt. Vor Allem aber übernimmt die Post im Gegensatze zurReichsbank keinerlei Gewähr für die rechtzeitige und ordnungsmäßige Protestirung desWechsels im Nichtzahlungssalle.

Von weit geringerer Bedeutung als diese Erleichterungen im Diskontverkehr wardie den veränderten Verkehrsgewohnheiten entsprechende Aufhebung einer strengen von derPreußischen Bank übernommenen Vorschrift, welche der Bekämpfung eines im Verkehrtief eingewurzelten Mißstandes diente. Nach derselben wurden unacceptirte Wechsel unter150 Mark, selbst wenn sie die Klausel »Mangels Annahme ohne Kosten« trugen, imFalle der Nichtannahme zum Protest gegeben. Solche Wechsel, welche bis zum Inkraft-treten des Bundesgesetzes, betreffend die Wechselstempelsteuer, vom 10. Juni 1869stempelfrei waren, wurden, auch nach Einführung der Stempelpflicht, häufig lediglich zuZwecken der Geldbeschaffung, benutzt. Die vielen kleinen, ohne Accept bleibenden Ziehungennamentlich auf Bankiers wurden mitunter als eine wahre Plage empfunden. Nachdemnoch zur Zeit der Preußischen Bank in der Hauptsache der Zweck jener Bestimmungerreicht war, konnte diese von der Neichsbank 1876 aufgehoben werden. Nur in Rheinland und Westfalen, wo der alte Mißbrauch noch nicht beseitigt war, mußte sie einstweilennoch aufrecht erhalten bleiben, konnte aber auch hier im Jahre 1880 abgeschafft werden.

Hatte so einerseits die Neichsbank durch die geschilderten Maßnahmen und durchdie sonstigen Erleichterungen und Negulirungen ihres Diskontverkehrs den verändertenVerkehrsbedingungen Rechnung getragen, so durfte sie andererseits nicht unterlassen,geeignete Schritte zu thun, um einer mißbräuchlichen oder gar betrügerischen Ausnutzungihrer Einrichtungen wirksam zu begegnen. Dahin gehören vor Allem Schutzmaßregeln