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Die Reichsbank : 1876-1900
Entstehung
Seite
117
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Der Lombardverkehr.

In den geschilderten, im großen Ganzen einfachen und bei allen Gattungen vonUnterpfändern im Prinzip gleichen Formen hat die Neichsbank ihren Lombardverkehrbereits von der Preußischen Bank übernommen. Sie hat ihn dann mit geringfügigen,durch die Verschiedenheit der Landesgesetzgebung bedingten Modifikationen auf die Zweig-anstalten in den außerpreußischen Bundesstaaten und in den Reichslanden übertragen,soweit dies nicht schon durch die Preußische Bank geschehen war. Seitdem ist eineReihe in der Hauptsache bereits erwähnter Erleichterungen getroffen worden, durch welchedieser Geschäftszweig wiederholt Anregungen erfahren hat, die Organisation desselben aberdoch nur wenig berührt worden ist.

Die Gestaltuug der Lombardanlage ist von der allgemeinen wirthschaftlichen Die Bewegung derEntwickelung bei weitem nicht in dem Maße abhängig, wie die Wechselanlage. Einmalwerden die Kredite der Neichsbank im Lombardverkehr von einer nicht unerheblichenAnzahl von Privaten und Körperschaften in Anspruch genommen, deren Bedarf von derwirtschaftlichen Konjunktur kaum beeinflußt wird (vergl. Tab. 59). Sodann aber habenbankpolitische, dein Einfluß der wirthschaftlichen Entwickelung zum Theil direkt entgegenwirkende Maßnahmen zeitweise eine Steigerung der ertheilten Darlehne herbeigeführt,zeitweise zur Einschränkung der im Vergleich zum Wechselbcstand der Bank allzusehrgestiegenen Lombardanlage beigetragen.

Nach der ersten Richtung wirkte vor allem die bereits erwähnte im März 1884erfolgte Einführung eines Vorzugszinssatzes bei Lombardirung deutscher Reichs- lindStaatsanleihen, welche die Belebung des bei der damaligen großen Flüssigkeit des Geld«markts darniederliegenden Lombardgeschäfts der Bank gefördert hat und gleichzeitig dieUnterbringung der erwähnten »Standardpapiere« begünstigte (vergl. Tab. 58 und S. 106).Die durchschnittliche Lombardanlage ist in Folge dessen von 45,8 Millionen Mark imJahre 1883 auf 49,2 Millionen Mark im Jahre 1884, trotz zunehmender Flüssigkeitdes Geldmarkts gestiegcu. Eine stark ausgesprochene Steigerung trat ein mit der Wirth-,schaftlichen Hochkonjunktur der Jahre 1889 und 1890 und dann abermals in denIahren von 1895 an. Ihren Höhepunkt erreichte die durchschnittliche Anlage imJahre 1897 mit 108,s Millionen Mark, Ende 1895 und 1896 wurde sogar derzugelassene Höchstbetrag überschritten/ die Lombardanlage belief sich an diesen Ausweis-tagen auf 211,2 bezw. 197,2 Millionen Mark. Mit der Aufhebung des Vorzugssatzesbei Lombardiruug von Reichs- und Staatsanleihen am 1. Juli 189? lenkte dieEntwickelung in andere Bahnen ein. Die durchschnittliche Lombardanlage ging schon1898 auf 96,4 Millionen Mark zurück und ist dann weiter bis zum Jahre 1900 auf80 Millionen Mark gesnnken, also in einer Zeit, in welcher die aufsteigende Wirthschafts-thätigkeit auf eine starke Inanspruchnahme des Bankkredits hindrängte.