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Die Diskontpolitik,
in den Motiven des Bankgesetz-Entwurfs, »veranlaßt die Banken, steigender Nachfragedes Geldmarkts, wie es auf allen anderen Märkten die Regel bildet, mit steigendenPreisen zu begegnen, er setzt sie bei einem gestiegenen Diskontsatz, der diehöhere Steuer bezahlt, in den Stand, den außerordentlichen Bedarf, der dieseSteigerung hervorrief, zu befriedigen, und wirkt durch die Steigerung der Diskontsätzeanlockend auf das Kapital, mäßigend auf den Unternehmungsgeist, er giebt endlich denBanken das Interesse, sobald der außerordentliche Bedarf vorüber ist, mit ihrem Noten-umlauf wieder hinter die regelmäßige Grenze zurückzukehren. Indem er die Banken zurechtzeitiger Erhöhung der Diskontsätze veranlaßt, wird er auf die Schwankungen desDiskontsatzes ausgleichend wirken und ohne alle störenden Eingriffe der gefahrbringendenNeigung des Verkehrs begegnen, die einmal in Folge der Konjunktur gewonnene Aus-dehnung des ungedeckten Notenumlaufs dauernd festzuhalten.«
Das System der Notensteuer konnte jedoch für die Diskontpolitik der Reichsbanknicht von maßgebendem Einfluß werden.
Abgesehen davon, daß für die Sicherheit der Noteneinlösung uicht der absoluteBetrag der ungedeckten Notenausgabe, sondern das Verhältniß zwischen Baarbestandund Notenumlauf, ja darüber hinaus das Verhältniß zwischen Baarbestand und densämmtlichen täglich fälligen Verbindlichkeiten (einschließlich der Girogelder) entscheidendist, kommt für die Diskontpolitik einer Zentralbank nicht nur die Größe, sondernauch die Art des an sie herantretenden Geldbedarfs in Betracht. Ein Goldabfluß nachdem Auslande macht schärfere Gegenmaßrcgeln nöthig, als eine vorübergehende Gold-entziehung für den inneren Verkehr. Ein auf Ueberspekulation und Ueberproduktionberuhender Geldbedarf erfordert schärfere Restriktionen, als die in der ganzen Strukturdes normalen Zahlungsprozesses begründete, periodisch wiederkehrende Steigerung derGeldnachfrage am Quartals- und Jahreswechsel. Alle diese Unterschiede lassen sich nichtin Zahlen fassen, und deshalb läßt sich die Diskontpolitik nicht nach einem rein mecha-nischen Prinzip reguliren.
Das System der Notensteuer konnte deshalb nur in ganz allgemeinem Sinnefür die Diskontpolitik der Reichsbank zur Richtschnur dienen, aber es konnte die steteSorgfalt und Wachsamkeit der Bankleitung nicht ersetzen. Die pflichtgemäße Prüfungaller Umstände mußte vielmehr die Bankleitung in manchen Fällen zu starken Diskont-erhöhungen nöthigen, während die Steuergrenze nicht überschritten war, und sie konntees andererseits der Bankleitung in Fällen einer Kontingentsüberschreitung möglich Machen,einen niedrigeren Diskontsatz als 5 Prozent aufrecht zu erhalten, wobei freilich derMinderertrag der Diskontirungen gegenüber der Notensteuer von der Bank getragenwerden mußte.