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Die Diskontpolitik,
ihres Bestehens (1876) stellte sich auf 454,2 Millionen Mark/ im Jahre 1899 da-gegen betrug sie 909,2 Millioneu Mark, sie hat sich also im Laufe des Vierteljahr-Hunderts genau verdoppelt.
Mit der Steigerung des Geldbedarfs ist gleichzeitig eine Vergrößerung der periodischenSchwankungen der Gcldnachfrage eingetreten (vergl. Tab. 62). Bezeichnend dafür ist,daß die Anlage der Reichsbank im Jahre 1876 nur zwischen 387,6 und 524,? MillionenMark schwankte, daß die Spannung mithin nur 137,i Millionen Mark betrug, währendsich im Jahre 1899 die Anlage zwischen 634,? und 1251,4 Millionen Mark bewegte,was eine Spannung von 616,? Millionen Mark ergiebt.
Diese Gestaltung der Geldnachsmge stellte der Reichsbank eine doppelte Aufgabe.
Um der aus der Vermehrung der Umsätze hervorgehenden Steigerung des Geld-bedarfs gerecht zu werden, mußte sie einerseits auf eine intensivere Ausnutzung der vor-handenen Umlaufsmittel hinwirkeil durch die Einführuug und Ausgestaltung von Baargeldersparenden Zahlungsmethoden (Giro- und Abrechnungsverkehr, vergl. S. 50 ff.), anderer-seits mußte sie eine Vermehrung der Geldzirkulation herbeizusühreu suchen j eine Steigerungihrer ungedeckten Notenallsgabe war für diesen letzteren Zweck nur innerhalb der durchdie Rücksicht auf eine ausreichende Notendeckung gezogeuen Grenze möglich, und deshalbhatte die nothwendige Vermehrung des Geldumlaufs in der Hauptsache durch die Herbei-ziehung von Gold aus dem Auslande zu erfolgen.
Die Vergrößerung der Schwankungen des an die Reichsbank herantretenden Geld-. bedarfs nöthigte die Reichsbankleitung, in den Zeiten geringer Anspannung stets mitgroßer Vorsicht eine für die zu erwartende große Steigerung der Kreditansprüche aus-reichende Reserve zu halten, und unbeeinflußt durch die Eindrücke des Augenblicks stetsdie gesammte Entwickelung längerer Zeiträume ihren Maßnahmen zu Grunde zu legen.Oic Durchführung Nicht geriuger waren die Anforderungen, welche sich aus dem Zustaude der
Rc?ch!wä^ deutschen Währungsverfassung sür die Neichsbauk ergaben. Als die Reichsbank ihreThätigkeit begann, befand sich Deutschland im Uebergange von der Silberwähruug zurGoldwährung. Das Münzgesetz vom 9. Juli 1873 hatte die Reichsgoldwähruug alsdas Ziel der deutsche» Münzreform aufgestellt, und die Reichsregierung war seit jenerZeit damit beschäftigt, den deutschen Silberumlauf, soweit Silbergeld nicht für denmittleren und kleineil Verkehr nöthig war, zu beseitigeil und ihn durch eine über-wiegende Goldzirkulation zu ersetzen. Bis zum Beginne des Jahres 1876 war dieLösuilg dieser Aufgabe noch nicht weit vorgeschritten. Zwar hatte es die französischeKriegskostenentschädigung der Neichsregierung ermöglicht, beträchtliche Mengen von Goldzu beschaffen und auszuprägen. Dagegen war mit der Abstoßung von Silber erst einkleiner Anfang gemacht, es war nicht viel mehr als eine Million Pfund Silber ver-