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Die Reichsbank : 1876-1900
Entstehung
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?>ie Diskontpolitik,

Zunächst erfuhr jedoch die Geldflüssigkeit aus den deutschen Märkten, auf welcherin erster Linie der Goldabfluß von 1874/75 beruhte, eine starke Unterbrechung, undzwar gleichfalls aus Gründen, die mit der Durchführung der deutschen Geldreform zu-sammenhingen. Zum Theil wurde dieser Umschwung dadurch bewirkt, daß vou derMitte des Jahres 1875 an die Reichsregierung in größerem Umfange mit der Ein-ziehung von Landessilbermünzcn vorging, theilweise trug die in der zweiten Hälfte desJahres 1875 vor sich gehende Zurückziehung des Landespapiergeldes und sein Ersatzdurch Neichskassenscheine zu einer Verengerung des Geldmarktes bei. Von der größtenBcdentung waren jedoch die Vorbereitungen zur Durchführung der Bankreform. Ein-mal verzichteten eine große Anzahl von Notenbanken vor dem Inkrafttreten der neuenOrdnung auf ihr Notcnrecht und sie mußten deshalb bis zum Beginne des Jahres 1876ihre Noten aus dem Verkehr ziehen. Ferner waren die Notenabschnitte, welche aufBeträge von weniger als 100 Mark lauteten, bis zum Beginne des Jahres 1876 zubeseitigen, und bereits vom 1. Juli 1875 ab durften die bei den Baukkassen eingehendenNoten dieser Art nicht mehr verausgabt werden. Die Banken mußten bei Zeiten daraufBedacht nehmen, sich die Baarmittel zur Einlösung derjenigen kleinen Noten zu verschaffen,die sich nicht durch Noten über 100 Mark und mehr ersetzen ließen/ und das war ein ganzerheblicher Bruchtheil. Im Ganzen hat sich, wesentlich in Folge der Beseitigung der kleinenZettel, die ungedeckte Notenausgabe der deutschen Banken vom Ende des Jahres 1874bis zum Ende des Jahres 1875 um mehr als 270 Millionen Mark verringert.

Das Jahr 1875 brachte mithin in seiner zweiten Hälfte eine wesentliche Ver-minderung der deutscheu Umlaufsmittel, und daraus ergab sich eiue gesteigerte Inanspruch-nahme der Preußischen Bank , zumal da dieselbe schon damals vor dem Termine desUebergangs in die Neichsbank ihren Geschäftsbetrieb über die Grenzen des PreußischenStaates hinaus ausdehnte.

Die Einschränkung der Zirkulation bewirkte ferner, daß vom Mai und Juni 1875an der deutsche Marktdiskont langsam in die Höhe ging. Während in den voraus-gegangenen Monaten Deutschland meist den niedrigsten Marktdiskont uuter allen europäischenLändern gehabt hatte, trat jetzt eine Wendung ein. Dadurch wurden die ausländischenWechselkurse von ihrem hohen Stand so weit herabgedrückt, daß sie in den letztenMonaten des Jahres 1876 sogar eine beträchtliche Goldeinfuhr gestatteten.

Wenn dadurch die Preußische Bank im letzten halben Jahre ihres Bestehens derakuten Sorge vor einem Goldabfluß enthoben war, so wurde sie nunmehr durch dieEinschränkung der inneren Zirkulation mit ihren Wirkungen auf die Lage des Geldmarkteszu einer strengen Diskontpolitik genöthigt. Der Marktdiskont stieg mitunter bis aufdie Höhe des Bankdiskonts und nöthigte so die Bank zur Erhöhung ihrer Rate.