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Die Reichsbank : 1876-1900
Entstehung
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Die Diskontpolitik.

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Ihren am meisten charakteristischen Zug erhielt jedoch die Lage, welche die Reichs- Die Aufnahme derbank beim Beginn ihrer Wirksamkeit vorfand, durch eine Maßregel, die von der Goiozchi.mgen,einschneidendsten Bedeutung für die Durchführung des Währungswechsels war: Durchdie Aufnahme der Goldzahlungen seitens der Preußischen Bank , die imJuli 1875 auf Veranlassung des Reichskanzleramtes erfolgte.

Bis dahin hatte die Preußische Bank wohl Bedacht darauf genommen, einen be-trächtlichen Goldschatz anzusammeln, aber sie hatte nur ausnahmsweise Zahlung in Goldgeleistet? der freie Verkehr war in der Hauptsache noch auf das Silber angewiesen.Nun eröffnete die deutsche Zentralbank die Schleusen ihres Goldreservoirs, sie gab demdeutschen Verkehr das Goldgeld, das er von ihr verlangte und nahm das Silber auf,das er abstieß. Mit welcher Begier der deutsche Verkehr die Goldmünzen an sich zog,geht daraus hervor, daß sich der Goldvorrath der Preußischen Bank von der Mitte biszum Ende des Jahres 1875 um mehr als 150 Millionen Mark verringerte von498 auf 341 Millionen Mark, obwohl während jener Zeit nicht nur kein Gold-abfluß ins Ausland stattfand, sondern sogar ein beträchtlicher Goldzufluß aus demAuslande. Die Preußische Bank kaufte während jenes Halbjahres für nahezu 70 MillionenMark Gold an. Wenn ihr Goldbestand sich trotzdem um mehr als 150 Millionen Markverringerte, so ergiebt sich daraus, daß der innere deutsche Verkehr sür etwa 220 MillionenMark Goldgeld während dieses einen halben Jahres aus ihren Kassen entnahm. Zueinem großen Theil ersetzte dieses Goldgeld die damals in Wegfall kommenden kleinenNotenabschnitte, zu einem anderen Theil das Silbergeld, welches damals zur Einziehunggelangte. Dieses Silbergeld wurde in der Hauptsache den Kassen der Preußischen Bank entnommen und zwar während des zweiten Halbjahres 1875 im Betrage von 45 MillionenMark. Trotzdem zeigt der Silberbestand der Preußischen Bank während jener Zeit nureine Abnahme von 15 Millionen Mark. Die Erklärung dafür ist, daß der freie Ver-kehr fortgesetzt Kurantsilber im Austausch gegen Gold an die Zentralbank abgab.

Für die Zukunft war eine Fortsetzung dieses Austauschprozesses zu erwarten.Für die Neichsbank ergab sich daraus eine beträchtliche Erschwerung ihrer Position,solange der Bestand an deutschem Silbergeld nicht nahezu bis auf den Umfang desBedarfs nach Silbermünzen vermindert war.

Die schwierige Lage des Geldmarktes und der Goldabfluß aus den Bankkassen inden inneren Verkehr bewirkten, daß die Umwandlung der Preußischen Bank in die Reichs-bank unter stark augespannten Verhältnissen vor sich ging. Bereits im September 1875hatte sich die Preußische Bank zu einer Diskonterhöhung auf 6 Prozent veranlaßt ge-sehen. Ende November glaubte sie eine vorübergehende Besserung ihres Standes zueiner Ermäßigung ihrer Rate auf 5 Prozent benutzen zu können. Aber eine ganz un-

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