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Die Diskontpolitik.
Einschränkung derBetriebsmittel beiderUmwandluugderPreußischen Bank indie Reichsbank/ dieI^genmasiregcln derVaiiklcitnng, insbe-sondere die Reor-ganisation des Giro-verkehrs.
gewöhnliche Anspannung am Jahresschlüsse beleuchtete aufs Neue die Schwierigkeit der Lage.Eine Prüfuug der gestimmten Situation nöthigte die neue Reichsbank, ihren Diskontsatzam dritten Tage ihres Bestehens, am 3. Januar 1876, auf 6 Prozent hinauszusetzen.
Wenn schon die Preußische Bank in den letzten Jahren ihrer Wirksamkeit unter rechtschwierigen Verhältnissen hatte arbeiten müssen, so traten für die Reichsbank noch einige neue Um-stände hinzu, die geeignet waren, die bestehenden Schwierigkeiten noch beträchtlich zu vermehren.
Die Preußische Baut verfügte über einen großen Betrag verzinslicher und an eineKündigung gcbundeucr Depositengelder, unter welchen die gerichtlichen Depositen dengrößten Raum einnahmen,- Ende 1875 stellt sich der Betrag dieser Gelder auf101,z Millionen Mark. Nach ihrer Umwandlung in die Rcichsbank wurden ihr diegerichtlichen Depositen seitens des Preußischen Staates gekündigt (vergl. S. 51).
Die Preußische Bank verfügte ferner über ein unbegrenztes Notenrecht, währenddie Notenausgabe der Reichsbank durch das System der Notenfteuer eingeschränkt war.
Zu dieser wesentlichen Verminderung der Betriebsmittel, welche durch die gleich'zeitige Erhöhung des Grundkapitals von 69 auf 120 Millionen Mark nur theilweiseausgeglichen wnrde, kam der beträchtlich erweiterte Wirkungskreis.
Daß die Reichsbank trotzdem von Anfang an den an sie herantretenden Ansprüchengenügen konnte, dazu trug bei, daß sie ihr Grundkapital, soweit es nicht in Geschäfts-grundstücken :c. festzulegeu war, nicht — wie andere große Zentralbanken — in Effektenanlegte, sondern daß sie es neben ihren sonstigen Betriebsmitteln zur Kreditgewährung imWege der Wechscldiskontirung und der Lombardiruug verwendete. Zwar ist die Neichsbauk-leitung der Ansicht, daß die eigenen Mittel der Bank (Grundkapital und Reservefonds) in ersterLinie als Garantiefouds für die Gläubiger der Bank, die Noteninhaber, Girokunden :c., anzu-sehen sind/ aber diesen Garantiefonds glaubt sie am sichersten uud gleichzeitig iu eiuer denAufgaben der Bank am meisten entsprechenden Weise anzulegen, weuu sie ihn in ihremGeschäftsbetriebe mitarbeiten läßt und ihn so nicht zum Ankaufe unkündbarer Obligationen,sondern zum Ankaufe kurzfristiger und sicherer Wechsel- und Lombardforderungen verwendet.
Aber auch die Verwendung des vergrößerten Grundkapitals zur Kreditgewährungkonnte die Neichsbauk uicht von der Nothwendigkeit befreien, auf neuen Wegen dieerforderliche Verstärkung ihrer Betriebsmittel zu suchen. Sie hat das Ziel erreicht durch dieNeugestaltung des Giroverkehrs auf Grundlage der kostenfreien Uebertragung von Platz zuPlatz (vergl S. 52). Diese Neuerung hat nicht nur der deutschen Volkswirtschaftdurch eine wesentliche Erleichterung und Verbilligung des Zahlungsverkehrs erheblichenVortheil gebracht, sondern sie hat daneben der Reichsbank in den sich rasch vermehrendenGiroeinlagen die Betriebsmittel zugeführt, dcreu sie zur Ausfüllung des ihr zugewiesenenPlatzes bedürfte, Am 19. April 1876 wurde der Giroverkehr auf der neuen Grundlage