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Die Reichsbank : 1876-1900
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Die Diskontpolitik. 151

ungünstige Entwickelung theilte sich den wichtigsten Produktionszweigen mit. ImJahre 1885 schien die Geschäftsstockung ihren tiessten Punkt zu erreiche». PolitischeBefürchtungen, die aus Reibungen zwischen England und Rußland an der indischenGrenze und in Afghanistan hervorgingen, verschärften den auf allen Verhältnissenliegenden Druck und erhöhten die allgemeine Unsicherheit. Gegen Ende des Jahres 1886trat endlich eine theilweise Hebung der Geschäfte ein, an welche vielfach großeHoffnungen gekuüpft wurden. Die Anregung ging auch dieses Mal von den VereinigtenStaaten aus, aber die Besserung war nur von kurzer Dauer, wenigstens auf demKontinent, wo von neuem politische Verwickelungen eine Unsicherheit erzeugten, welchedie Unternehmungslust niederhielt. Die bulgarischen Wirren, der daraus entstehendeGegensatz zu Rußland und gleichzeitige Zwischenfällc an der französischen Grenze ließenden Krieg als möglich erscheinen. Im November 1887 erließ der Reichskanzler an dieReichsbank das Verbot, russische Werthpapiere zu lombardiren.') Erst im Laufe desJahres 1888 trat eine Beruhigung der Gemüther ein, die eine kräftige Aufwärts-bewegung gestattete. Immerhin war trotz der ungünstigen politischen Lage vom Endedes Jahres 1886 an auch in Deutschland eine gewisse Besserung gegenüber derStagnation vou 1884 und 1885 erkennbar.

Mit dem Rückgang der Preise und dem Sinken der Unternehmungslust zeigte Die Entwicklungder Geldbedarf der deutscheu Volkswirthschaft die zu erwartende Verminderung (vcrgl.Tab. 55). Der Betrag der in Deutschland ausgestellten Wechsel ging von 12,s MilliardenMark im Jahre 1883 langsam zurück bis auf 11,8 Milliarden Mark im Jahre 1886/ ererfuhr dann mit der geringen Besserung der wirthschaftlichen Verhältnisse eine kleine Ver-mehrung, blieb aber auch im Jahre 1888 mit 12,2 Milliarden Mark noch etwashinter dem Betrag von 1888 zurück. Im Ganzen sind die Veränderungen in diesenZahlen nicht groß, und dem entspricht es, daß auch die durchschnittliche Wechselanlageder Reichsbank von 1883 bis 1886 keine bemerkenswerthen Verschiebungen erlitt/die Jahre- 1887 und 1888 wiesen bereits wieder eine beträchtliche Zunahme derAnlage aus (vergl. Tab. 6).

Dagegen bewirkte gerade in den Iahren des geschäftlichen Stillstands der Aus-bau des Giroverkehrs, daß die Mittel der Reichsbauk durch große Summen fremderGelder vermehrt wurdeu (vergl. Tab. 27). Der durchschnittliche Bestand der Giro-guthaben') stieg von 135 Millionen Mark im Jahre 1882 auf 260 Millionen Markim Jahre 1887, er verdoppelte sich mithin in dem kurzen Zeitraum von fünf Iahren.Die gesammte Summe der fremden Gelder bei der Reichsbauk stieg in derselben Zeit

der Reichsbcink.

i) Das Verbot wurde im Jahre 1894 wieder aufgehoben.2> Einschließlich der schwebenden Ncbertragungc» (vcrgl. Tab.