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Die Reichsbank : 1876-1900
Entstehung
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Die Diskontpolitik.

Diskont auf 5 Prozent. Sie erzielte damit den Erfolg, daß der Wechselkurs aufLondon im September bis auf die Parität zurückging und der Goldabfluß aufhörte.

Trotzdem wurde bereits am 23. September die Kontingentsgrenze überschritten,zwar nur um eine halbe Million. Aber bis zum 30. September steigerte sich dieÜberschreitung auf 371 Millionen Mark und übertraf damit die an sich schonexorbitante des Vorjahres um 95 Millionen Mark (vergl. Tab. 23). Die Anlage stellte sichan diesem Tage auf 1 249 Milliouen Mark, 125 Millionen Mark über dem höchsten bisherdagewesenen Stand/ der Goldvorrath betrug 450 Millionen Mark, gegen 480 MillionenMark am gleichen Tage des Vorjahres, und er erreichte damit seinen niedrigsten Standseit dem 30. September 1893. Auch der Silberbestand betrug nur 236 MillionenMark gegen 258 Millionen Mark im Vorjahre. Der gesammte Metallvorrath erreichtenicht ganz die Hälfte des Notenumlaufs.

Die unerhörte Zunahme der Anlage zeigte, welchen enormen Umfang die In-anspruchnahme des kurzfristigen Kredits angenommen hatte. Die Gefahr einer Kredit-überspannung und einer Kreditkrise war nahe gerückt, und erforderte scharfe Gegenmaß-regeln, zumal da der Ausbruch des Transvaalkrieges und der starke Geldbedarf iuEnglaud und Frankreich eine Unterstützung durch fremdes Geld als ausgeschlosseuerscheinen ließ.

Die Bankleitung erhöhte in Folge dessen ihren Diskont am 3. Oktober auf6 Prozent. Sie erreichte durch diese Maßregel, daß der Ueberschuß der Anlage überihren Stand am gleichen Tage des Vorjahres herabgedrückt wurde von 125 MillionenMark am 30. September auf 46 Millionen Mark am 7. November.

Aber diese relative Besserung hielt nicht vor, als die Bank von England EndeNovember ihre offizielle Nate auf 6 Prozent erhöhte. Der Kurs des kurzen Wechselsauf London , der Ende November bis auf 20,42 herabgegangen war, begann von neuemzu steigen, und von neuem drohte ein Goldabfluß die Gefahren der inneren Lage zuverschärfen.

Die Neichsbank hatte zwar ihren Goldvorrath von 450 Millionen Mark am30. September auf 529 Millionen Mark am 15. Dezember zu stärken vermocht, vorAllem durch eiue sehr weitgehende Gewährung von zinsfreien Vorschüssen auf Gold-zufuhrcn. Sie hatte dadurch im letzten Monate nahezu für 100 Millionen MarkGold herbeigezogen, namentlich aus Rußland . Welchen Gefahren jedoch die Entwickelungdes inneren Geldbedarfs entgegen steuerte, geht aus der bedeutenden Vergrößerung hervor,welche die Anlage der Neichsbank gegenüber dem Vorjahre erfuhr. Am 7. Novemberhatte die Anlage die entsprechende des Vorjahres nur um 46 Millionen Mark über-stiegen. Die Differenz wuchs rasch/ sie betrug am 30. November 137 Millionen,