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Die Reichsbank : 1876-1900
Entstehung
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Die Diskontpolitik.

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am 7. Dezember 167, am 15. Dezember 213 Millionen Mark. Einer Fortsetzungdieser Entwickelung bis zum Jahresschlüsse mußte zur Verhütung der schwersten Gefahrenvorgebeugt werden. Am 19. Dezember entschloß sich deshalb die Reichsbankleitung,ihren Diskont auf 7 Prozent zu erhöhen, ein Satz, der seit dem Kriegsjahre 1870nicht erreicht worden war.

Trotzdem wuchs die Differenz der Anlage bis zum 23. Dezember weiter/ siebetrug an diesem Tage 249 Millionen Mark mehr als die entsprechende des Vorjahrs.Die Wechselkurse auf London stiegen, da die deutschen Banken in Anbetracht derSchwierigkeiten auf dem inneren Geldmarkte von der lohnenden Versenduug von Goldnach England Abstand nahmen, nicht unbeträchtlich über den Goldpunkt hinaus. DerCheckkurs auf London wurde in Berlin mit 20,6» notirt. Seit der Valutakrisis von1874/75 hatten die auswärtigen Wechselkurse niemals solche Abweichungen von derParität gezeigt.

Die Diskonterhöhung auf 7 Prozent erreichte jedoch ihren wichtigsten Zweck.Die Spannung vergrößerte sich in der letzten Dezemberwoche nicht entfernt in demselbenMaße, wie im Vorjahre. Während die Anlage am 23. Dezember die entsprechende Anlagedes Vorjahrs um 249 Millionen Mark überstiegen hatte, betrug die Differenz amJahresschluß nur noch .158 Millionen Mark. Wenn auch die Anlage diejenige vom30. September noch um 2,s Millionen Mark übertraf, so war doch in Folge desgrößeren Metallvorraths der gesammte Status der Bauk ein etwas günstigerer als amSchlüsse des dritten Quartals. Die Kontingentsüberschreituug war um 34 MillionenMark geringer und die Metalldeckung der Noten und der übrigen täglich fälligen Ver-bindlichkeiten war um einige Prozente besser.

Trotz des außerordentlich hohen Diskontsatzes von 7 Prozent brachten die erstenMonate des Jahres 1900 keinen Rückfluß, welcher der Größe der Anspannung im letztenQuartal des Jahres 1899 entsprochen hätte. Die Auswärtsbewegung in Industrie uudHandel und die Ueberspekulation an den Börsen dauerte, nachdem die gefährliche Klippedes Jahresschlusses überwunden war, ungeschwächt fort/ die Preise der meisten Massen-artikel und die Kurse der Montan-, Industrie- und Bankwerthe erfuhren weitere Er-höhungen/ der Bedarf des inneren Verkehrs an Umlanfsmitteln hielt sich auf einem nochhöheren Niveau, als in den gleichen Monaten des Jahres 1899. Bis in den Märzhinein hielt sich die Anlage der Neichsbank um mehr als 100 Millionen Mark überdem gleichzeitigen Stande des Vorjahres. Dazu kam, daß die auswärtigen Wechselkursesich zum großen Theil ungünstig gestalteten und daß an die Stelle des großen Gold-zuflusses im Dezember 1899 ein Goldabfluß namentlich nach England und den Nieder-landen trat. Unter diesen Verhältnissen konnte die Reichsbank ihren Diskontsatz nur sehr

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