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Die Reichsbank : 1876-1900
Entstehung
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Die Diskontpolitik,

vorsichtig herabsetzen. Am 12, Januar ermäßigte sie ihn auf l! Prozent, am 27. Januaraus 5'/,2 Prozent (vergl, Tab. l>3). Obwohl der Privatdiskont nach der Ueberwindung desJahreswechsels stark herabging und im Januar zeitweise bis auf 3^ Prozent sank, warfür die Reichsbank eine weitere Ermäßigung ihres Diskontsatzes noch für Monate hinausunthuulich, nicht nur in Rücksicht auf den fortdauernden Hochstand ihrer Anlage undder sich darin äußernden Kreditansprüche, sondern vor Allem auch in Rücksicht auf ihrcuniedrigen Bestand an Baargeld , der am 31. März um 93 Millionen Mark, am 15, Aprilsogar um 97 Millionen Mark hinter dem gleichzeitigen Bestand von 1899 zurückblieb.

Erst im Mai und Juni trat ein Stillstand und schließlich eine merkbare Umkehrin dieser bedenklichen Entwickelung ein. Die Wendung wurde herbeigeführt durch denZusainmenbruch der Ueberspeknlation in Montan- und Industriewerthen, der sich vomApril an vollzog, und durch ein allmähliches Nachlassen der industriellen Hochkonjunktur.Zwar blieb der Wechselumlauf, wie sich aus den Ziffern des Ertrages des Wechselstempelsergicbt, ein ungewöhnlich hoher/ er hielt sich sogar noch über demjenigen des Jahres 1899(vergl, Tab. 55). Es trat auch hier wieder, wie in den fahren 1883 und 1890 in dieErscheinung, daß der Beginn des Rückgangs einer industriellen Hochkonjunktur zunächstnoch von einer gesteigerten Anspannung des kurzfristigen Kredits begleitet ist. Abertrotz der weiteren Steigerung des Wechselumlaufs zeigte die Wechselaulage der Reichs-bauk vom Juni an gegenüber dem Vorjahr eine nicht unbeträchtliche Abnahme, Ihregesammtc Kapitalanlage blieb Ende Juni mit 1 033 Millionen Mark um 54 MillionenMark hinter der Anlage vom 30. Juni 1899 zurück, und diese Differenz erfuhr in denfolgeudeu Monaten noch eine beträchtliche Vergrößerung. Ihre Erklärung findet dieseThatsache offenbar darin, daß die großen flüssigen Mittel, die bisher durch die Ueber-spekulation festgehalten worden waren, durch den Zuscunmenbruch der Börsenwerthetheilweise frei gemacht wurden und sich nun zu einem erheblichen Theil dem Diskontmarktezuwendeten.

Neben der dadurch bewirkte» Entlastung der Neichsbank trug wesentlich zur Besserungder ganzen Lage der Umstaud bei, daß es der Neichsbank gelang, eine beträchtlicheVerstärkung ihres Goldvorrathes herbeizuführeu. Während in der ganzen ersten Jahres-hälfte der Goldbestand hinter demjenigen des Vorjahres und zwar zeitweise sehrerheblich zurückgeblieben war, wies der 7. Juli zum ersten Male einen um 15^ MillionenMark höheren Goldbestand aus.

Die gesammte Besserung des Standes der Neichsbank fiel zusammen mit demAusbruch der chinesischen Wirren. Die in Folge der Expedition nach China zu erwartendenAnsprüche an den Geldmarkt legten der Neichsbank eine gewisse Zurückhaltung auf.Gleichwohl konnte die Bank ihren Diskontsatz am 13. Juli auf 5 Prozent herabsetzen,