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Die Banknvvelle vom 7. Juni 1899 als Ergebniß der bisherigen Entwickelung,
Bcstimmnngen überden Privcit-diskvntscch derReichsbank,
wenn sie einen Goldabfluß verhindern oder den inländischen Verkehr zu vorsichtiger Zurück'Haltung veranlassen will, stets einen Diskontsatz von mindestens 4 Prozent halten müssen,und dadurch erscheint eine Durchkreuzung ihrer Politik seitens der Privatnotenbankenfür die Zukunft ausgeschlossen.
Bei den Berathungen im Reichstag wurde die Frage der Bindung des Diskont-satzes der Privatnotenbanken benutzt, um die Praxis der Reichsbank, zeitweise Wechselgewisser Gattung unter ihrem offiziellen Satz, zuin sogenannten Privatsatz, zu diskontiren,in Erörterung zu ziehen.
Die hierbei aus der Mitte des Reichstags geäußerte Auffassung, daß derPrivatsatz eiue ungerechtfertigte Bevorzuguug einzelner, insbesondere großkapitalistischerKreise darstelle, wurde als eine irrige nachgewiesen. Es wurde dargethan, daßdie Bedingungen sür die Anwendung des Privatsatzes für alle mit der Reichsbank ver-kehrenden Personen und Geschäftszweige durchaus gleichartige sind und daß der Privatsatzthatsächlich einer großen Anzahl mittlerer Geschäftsleute zu Gute gekommen ist, daß erinsbesondere auch von Genossenschaften und durch deren Vermittelung von Handwerkern,kleinen Gewerbetreibenden und Landwirthen benutzt worden ist. Ferner wurde nach-gewiesen, daß die Reichsbank nur in Zeiten eines flüssigeil Geldstandes zu Diskontirungenunter ihrem Satz gegriffen hat, wofür die oben gegebene historische Darstellung derDiskontpolitik der Reichsbank Zeugniß ablegt. In Zeiten großer Geldfülle aber istdie Möglichkeit, unter ihrem offiziellen Satz diskontiren zu können, sür die Neichsbankein geeignetes Mittel, um die Fühluug mit dem Geldmarkt aufrecht zu erhalten und sicheine gewisse Anzahl erstklassiger Wechsel zu sichern.
Diese Gründe bestimmten den Reichstag , von einem gänzlichen Verbot desDiskontirens unter dein offiziellen Satz abzusehen. Es wurde jedoch eine Bestimmungin das Gesetz aufgenommen, nach welcher vom 1. Januar 1901 an die Reichsbank nurdann unter ihrem gemäß § 15 des Bankgesetzes öffentlich bekannt gemachten Prozentsatzdiskontiren darf, wenn dieser Satz weniger als 4 Prozent beträgt. Der Privatdiskontsatzist jeweilig im Neichsanzeiger zu publizireu. '
Diese Beschränkung ist deshalb nicht von praktischer Bedeutung, weil die Reichsbankseit längerer Zeit schon nur dann zum Privatsatz diskoutirt hat, wenn ihr offiziellerSatz aus 3'/.2 oder 3 Prozent stand. Wie oben dargestellt ist, sind die Diskontirungenunter dem offiziellen Satz seit dem April 1896, in Rücksicht auf die fortgesetzt gespannteLage des Geldmarkts, überhaupt unterblieben (vergl. S. 173). Die Bewegungsfreiheitder Neichsbauk wird also durch die erwähnte Vorschrift der Banknovelle nicht beschränkt.
Die übrigen Bestimmungen der Banknovelle treten an Bedeutung hinter den hisherbesprochenen zurück.
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